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Schönheitsideale auf Social Media – wirklich so toxisch?

3. Juli 2022

Endlich einmal finde ich wieder die Zeit und Muße einen meiner Kolumnen-Beiträge für diesen Blog zu schreiben, die mir so sehr am Herzen liegen. In der Vergangenheit schrieb ich zum Beispiel bereits über Feminismus und Wellness, heute soll es über Schönheitsideale auf Social Media gehen. Wer aktiv ist im Internet, eine gewisse Öffentlichkeit hat und somit eine Stimme, stellt sich gleichzeitig auch immer einem Maß an Verantwortung. Denn Influencerinnen beeinflussen, oder haben es zumindest vor.

Schönheitsideale Social Media – nicht in meiner Jugend

Ich selbst bin in den frühen 80ern geboren, Anfang 1982, einer Zeit ohne Internet und mit Schwarzweiß-Fernseher. Als ich in die Pubertät kam, habe ich am Sonntagmorgen den Disneyclub geschaut, mir manchmal heimlich die BRAVO gekauft und dann unter dem Kopfkissen versteckt (obwohl meine Eltern mir niemals verboten hätten sie zu lesen), auf Plakaten an Bushaltestellen Claudia Schiffer in einer H&M-Unterwäsche-Kampagne bewundert. Social Media wäre zu der Zeit noch Stoff für einen Scien-Fiction-Film gewesen und somit ist es schwer bis unmöglich für mich, mir vorzustellen, wie Instagram, Tik Tok und co. mich als Teenager beeinflusst hätten. Und darum gebe ich den Stimmen mein Gehör, die sagen, dass Social Media unsere Jugend verunsichert und massgeblich mit schuldig an Essstörungen, etc. ist.

Trotzdem frage ich mich: Ist es nicht leicht, einfach auf der Welle der Verteufelung mitzuschwimmen? Was neu ist, macht Angst, ist unberechenbar und somit potentiell schlecht, ganz besonders auch immer wieder im Kontext von Medien. Am eindrücklichsten wurden mir, in diesem Kontext, während meines Bibliothekswissenschafts-Studiums die Augen geöffnet, als uns in einer Vorlesung zur Geschichte von Bibliotheken, unser Professor eine Karikatur (heute würde man vielleicht Meme sagen) zeigte. Hier sah man das Abbild einer Frau, die einen Kinderwagen schiebt, dabei gleichzeitig ein Buch liest, in das sie so vertieft ist, dass sie das Kind vergisst, welches fast aus dem Wagen fällt. Ich weiß nicht mehr genau, aus welchem Jahrzehnt das Bild stammte, aber auf jeden Fall aus dem 20. Jahrhundert. Demonstriert werden sollte die Gefahr des Mediums Buch, welches Frauen von ihrer eigentlichen Rolle ablenkt, dem Muttersein. Und heute? Wer würde jetzt noch Bücher dämonisieren? Niemand mehr, denn es kamen neue mediale Teufel: Zeitschriften, das Fernsehen, und dann: Social Media.

schönheitsideale soziale Medien

Nur toxisch oder auch hilfeleistend?

Gerade der Einfluss von Social Media auf junge Frauen und ihr Ideal vom perfekten Aussehen und dem perfekten Körper wird immer wieder kritisiert. Und natürlich gibt es viele Profile in den Sozialen Netzwerken, die ein fragwürdiges Schönheitsideal propagieren. Doch, immerhin gibt es ebenfalls sehr viele, die genau das Gegenteil machen, aufklären, den jungen Frauen Mut zusprechen, ihnen sagen, dass sie gut sind, so wie sie sind. Als ich jugendlich war, gab es das eben nicht. Es war die Ära der Top- und Magermodels, der Hochglanzmagazine mit bearbeiteten perfekten Frauenbildern. Auch im Fernsehen gab es damals keine Shows, die „unperfekte“ Frauen zeigten, außer vielleicht die damals so beliebten Nachmittags-Talkshows, doch diese waren eher dazu da, sich fremdschämen zu können und nicht dafür konzipiert, Vorbilder zu finden. Auf MTV und VIVA waren coole, hippe (obwohl es das Wort noch nicht gab) Moderatoren zu sehen und einer von ihnen, Nils Bokelberg, erzählte uns, dass Pamela Anderson seine Traumfrau sei. Gegenstimmen zu diesen oder ähnlichen Aussagen waren eher schwierig zu finden.

Das größte Problem, das ich dementsprechend heute sehe, bezogen auf Instagram und co., ist die fehlende Medienkompetenz, die zu kontraproduktiver Nutzung führt. Natürlich fühle ich mich selbst irgendwann schlecht und minderwertig, wenn ich mir 24/7 perfekt gestylte Frauen ansehe, die zudem den vermeintlich perfekten Körper haben und dann noch so wirken, als müssten sie für das alles nichts tun. Zumindest ist es wichtig zu wissen, und dafür ist Aufklärung im Vorfeld nötig, dass diese Frauen eine Inszenierung zeigen und nur einen Bruchteil ihres wirklichen Ichs, dass in dem Fall ein Instagramprofil quasi nichts anderes ist, als ein Frauenmagazin. Und ebenso wichtig ist es, sich klar zu machen, dass ich mir diese Profile nicht anschauen muss, wenn sie dazu führen, dass ich mich schlechter fühle, sondern, dass ich die Wahl habe. Und genau das ist eben der Vorteil an Social Media: Du findest zu allem etwas, zu jeder Gemütslage, zu jedem Problem. denn schließlich ist es ein Abbild unserer Gesellschaft. Und zwangsläufig müssen wir lernen, uns in dieser zurecht zu finden, sei es nun off- oder online. So bin ich absolut dagegen Social Media als Quelle von falschen Schönheitsnormen anzusehen, sondern, wenn überhaupt, als eine Reproduktion, aber auch gleichzeitig als persönliches Selbsthilfetool, um sich eben nicht von diesen vereinahmen zu lassen. Indem man für sich selbst die Profile findet, die einem gut tun.

Schönheitsideale Social Media – meine Favourites

Einige meiner Feel-Good-Profile aus dem Beauty-Bereich sind übrigens die Folgenden:

Hanna Schumi : Beautyexpertin, die sehr authentisch ist und NIE Filter verwendet.

i+m Naturkosmetik Berlin : Nicht nur tolle Naturkosmetikprodukte, sondern auch super „echter“ und motivierender Insta-Channel.

Nika Irani : Feministin, die uns zeigt, dass Körperbehaarung auch bei Frauen ok ist, genauso, wie asymmetrische Brüste.

Individualist Beauty: Mit Julia arbeite ich schon lange zusammen, sie bietet unter anderem Permanent-Makeup und Fineline-Tattoos an und ist für mich immer wieder eine Inspiration, da sie eine Liebhaberin von Kunst und Musik ist und man diese Einflüsse auch in ihrer Arbeit merkt.

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